Die nächste Generation
23 Jahre nach dem ersten Teil veröffentlich Netflix jetzt ein weiteres Sequel zu harte Jungs und knallharte Jungs. Zumindest ein bekanntes Gesicht begegnet uns hin und wieder in diesem deutlich moderneren Film. Axel Stein kehrt als Familienvater auf unsere Bildschirme zurück und hat sich von einem große Töne spuckenden Jugendlichen zu einem etwas unbeholfenen, jedoch stets bemühten, joghurtliebenden Mann entwickelt. Im Fokus steht allerdings „Red Bulls“ Sohn, Charly, welcher, wie wir erfahren, bereits seit einem Vorfall in früher Kindheit, in der Schule ein Außenseiterdasein lebt. Lediglich seine beste Freundin Paula vermag es, ihn der ewig gleichen Negativspirale des Schulalltages zu entreißen. Als die beiden eines Abends zusammen auf dem Dach sitzen, unterbricht ein Lichtblitz, der sie durchstößt, die nächtliche Ruhe. Die beiden überleben den Vorfall jedoch unversehrt. Es kommt wie es kommen muss und Charly findet sich am nächsten Morgen in der altbekannten Situation wieder. Sein Penis spricht mit ihm. Dieser Umstand sorgt erneut für einige Situationen, die jeder von uns gerne schnell wieder vergessen würde. Diesmal ist es allerdings anders. Wie Charly erfährt, nachdem er sich aus seiner anfänglichen Phase der Verzweiflung befreit, hat er eine Leidensgenossin, Paula. Auch ihr Geschlechtsteil spricht mit ihr und legt das selbe unmanierliche, von einem unbändigen Sexualtrieb gesteuerte Verhalten an den Tag. Die beiden scheinen sich näher zu kommen, was ihre Freundschaft vor die wichtige Frage stellt. Alles oder Nichts? I
Vieles an den Oberflächlichkeiten bezüglich der Handlung, den Charakteren und dem roten Faden scheint bekannt und dennoch weht ein frischer Wind durch dieses Machwerk inszeniert von Granz Henman, welcher sich bereits dem zweiten Teil dieser Reihe angenommen hatte. Angefangen bei der merklich besseren Qualität und auch der Charaktergestaltung. Die handelnden Figuren erhalten eine zwar kurze aber ausreichende Einführung, die Perspektive wechselt und wir können auch einen Blick hinter die Kulissen von Paulas Leben werfen und das vermittelte Frauenbild hat sich gemäß dem Zeitgeist verändert. Zwar basiert die Haupthandlung noch immer auf den plötzlich sprechenden, dauergeilen Genitalien, allerdings verdeutlicht gerade Paulas perspektive, dass man den Spieß genauso gut umdrehen kann, womit die Einseitigkeit, die sich noch in den ersten beiden Filmen stetig wiederfinden ließ, ausgeglichen wäre. Auch die proletenhafte Haltung gegenüber dem jeweils anderen Geschlecht, sowie die stereotypeIn Rollenverteilungen werden durch eben diese vor allem anfangs durchscheinenden Opferrollen sowohl Charlys, als auch Paulas, da sie sich mit dem Außenseiter abgibt, vergessen gemacht. Dieser Umstand weißt in Sachen Ausgrenzung auf reale Missstände der Gesellschaft hin, was daraus folgt, nämlich der umso stärkere Zusammenhalt der beiden gleichgesinnten, kann jedoch auch als positives Beispiel für den Umgang mit diesen gesehen werden. Somit weicht dieser Film von dem bisher beibehaltenen Muster der Selbstironie und totalen Komik ab, womit die Reihe erstmals den Anlass für nachhaltige und vor allen Dingen ernsthafte Überlegungen bietet. Dieses Gesamtpaket macht diesen Film zu einem immernoch komischen Erlebnis mit nicht zu vernachlässigender Message.
Ist dieser Nachfolger also einen Klick wert? Meine Antwort ist ja! Nicht nur, wenn du interessiert bist an einer schönen Komödie, mit Lovestory, respektablem Subtext und einem ordentlich gesteigerten schauspielerischen Niveau, sondern auch, wenn du sehen möchtest, wie aus einer Ansammlung von trotzdem charmanten Blödsinn, eine zugleich lustige und ernste Rundumversorgung mit aktuellem Bezug geworden ist.
Ich hatte meinen Spaß mit diesem Teil und war überrascht, dass meine Erwartungen tatsächlich in sofern übertroffen wurden, als das ich nicht einfach ein Reboot des 2000er Schemas geboten bekam, sondern einen vollwertigen Film, für einen entspannten Abend auf dem Sofa.
4,2/5 LADS
Bildquelle:
Luke Dylan Schaefer: Film- und Hörspielkritiken 
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