Rezension – Eine Million Minuten

Ein modernes Chaos

Familie Küper steckt im absoluten Trott fest. Vera Küper(Karoline Herfurth) ist Mutter von zwei Kindern und wird mit ihnen und der Entwicklungsstörung der älteren Tochter von ihrem Mann Wolf(Tom Schilling), der für die UN im Bereich Klimapolitik tätig ist, weitestgehend alleingelassen. Beide Elternteile sind unglücklich in ihrer Beziehung, Vera fühlt sich vernachlässigt und ihre Träume nicht gewürdigt. Wolf hat das Gefühl, er würde der Familie mit den ständigen Reisen und der vielen Arbeit aus finanzieller Sicht einen Gefallen tun, wobei er außer Acht lässt, dass man als Vater und Ehemann noch ganz anderen Verpflichtungen nachzukommen hat. Nachdem sie auf ihrer Odyssee der Fehldiagnostik von einem weiteren Psychologen gesagt bekommen, dass ihre Tochter womöglich eine langfristige motorische Beeinträchtigung bzw. Behinderungen von ihrer nicht klar definierbaren Symptomatik davontragen könnte, bleibt wohl nur noch eins.

Urlaub, schöne Erinnerungen und positive Energie sollen den Rückstand als letzten Versuch wieder ins Lot rücken. Wolf fasst neue Energie und stellt seiner Chefin, der Familie zu Liebe, ein Konzept für 2 Jahre Homeoffice vor. „Eine Million Minuten für die schönen Dinge“. Die Reise soll also bald nach Thailand gehen und nach Island fortgesetzt werden. Bald stellt sich jedoch heraus, dass die erhoffte Idylle weiterhin unter dem Schatten von Wolfs Arbeit steht. Die Familie wird auf eine harte Probe gestellt. Werden Wolf und Vera noch die Kurve kriegen und ihr Familienglück bewahren?

Ich muss direkt zu Beginn sagen, der Film ist nicht, womit ich gerechnet hatte. Ich informiere mich bewusst so wenig wie möglich im Vorfeld über die Filme, welche ich rezensiere, um mir ein unbefangenes Bild machen zu können von dem, was ich auf der Leinwand sehe.

Bekommen haben wir eine Geschichte, die auf dem gleichnamigen Roman und somit auf wahren Begebenheiten der echten Familie Küper basiert. Eine klassische Konstellation der heutigen Zeit, die perfekt abbildet, welche Risiken verbunden sind mit dem Versuch eine ordentliche Work-Life-Balance zu meistern, ohne das Beruf oder Familie zu kurz kommt. Beide Eheleute sind mehr als unzufrieden mit ihrer Situation und das zurecht. Ausbrechen scheint der einzige Weg – Die Flucht nach vorne. Gelingen tut diese natürlich nicht so wie erwartet, weil Probleme mit einem Tapetenwechsel nicht verschwinden und das bekommen wir von diesem Film unter der Regie von Christopher Doll, bekannt durch andere Filme mit Karoline Herfurth wie „Wunderschön“ oder „SMS für dich“ auf eine schöne Art dargestellt. Die vermeintliche Verbesserung der Situation, welche zwangsläufig wieder umschwingt, sobald der Alltag einen wieder eingeholt hat und die anschließende Hilflosigkeit, weil selbst im Paradies nicht alles einfach ist. Natürlich können sich die meisten Familien, die sich in dieser Situation befinden den Versuch des Ausbruchs nicht leisten, man kann sich aber dennoch mit der Situation identifizieren, weil sie so passend realistisch dargestellt ist bis zu einem gewissen Punkt. Der gutaussehende Skandinavier, mit dem das Leben so leicht wirkt, ist ein bisschen kitschig aber auch über den kann man guten Gewissens hinweg sehen, weil stets die Sonnen- sowie Schattenseiten des Familienlebens und der gemeinsamen Bewältigung ihrer Probleme im Fokus der Handlung bleiben.

Tom Schilling und Karoline Herfurth haben eine schöne Dynamik und spielen die Szenen sauber auf die Leinwand, ohne einem je zum Hals rauszuhängen, trotz der Tatsache, dass die Handlung insgesamt auf die Schultern von wenigen Darstellern gelegt wird. Die beiden Kinder spielen ebenfalls toll und das nicht nur für ihr Alter. Die Dialoge zwischen Vater und Tochter sind durchweg zum Dahinschmelzen. Auch von einer Tragödie wird Wolf Küper oben drauf noch heimgesucht, was einem ebenfalls bekannt vorkommt, wo doch eine Krise so selten allein kommt.

Alles in allem ist der Film eine durchaus Runde Sachen, bewegend, auf den Punkt, schön gespielt und mit wahnsinnig tollen Bildern versehen. Die Geschichte wurde nicht zum ersten Mal erzählt, allerdings ist sie so real und so aktuell wie nie zuvor. Ich wurde berührt aber nicht umgehauen, kann diesen knapp über zwei Stunden dauernden Streifen guten Gewissens weiterempfehlen für klein und groß.

Daher vergebe ich 4,3/5 LADS

Bild: https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTS41GnXn9TVKeVINgjHM-WDXnw_jxzxkYCaC8FmcWytdeETC2N

Comments

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten